Charkiw-Requiem
Der Osteuropawissenschaftler Karl Schlögel nannte Charkiw einen Pilgerort für Alle, die wissen wollten, wie die Welt von morgen aussehen sollte. Gemeint war das Charkiw der Zwischenkriegszeit , das schon vor der bolschewistischen Revolution ein wohlhabendes Zentrum war und nach 1919 als Hauptstadt der Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik zu einem architektonischen und städtebaulichen Vorzeigeobjekt der sowjetischen Moderne wurde. Die gigantischen Gebäude im konstruktivistischen Stil waren nicht nur für die Ukraine einzigartig, sondern sind ein wertvoller Teil des gemeinsamen europäischen Erbes.
Charkiw wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört und danach wieder aufgebaut. Derzeit erfolgt die zweite Zerstörung. Nur 27 Kilometer von der russischen Grenze gelegen, war es eines der ersten Ziele russischer Angriffe. Die mit mehr als 1,4 Millionen Einwohnern zweitgrößte Stadt der Ukraine verwandelte sich in ein Schlachtfeld.
Die Ausstellung »Charkiw-Requiem« zeigt die Chronik dieser Zerstörung aus der Perspektive des bekannten ukrainischen Fotografen Stanislav Ostrous. Vor dem Krieg beschäftigte er sich mit konzeptioneller Fotografie und lehrte an der Staatlichen Kunstakademie Charkiw. Seit dem 10. März diesen Jahres dokumentiert er in seinen Bildern die Vernichtung seiner Heimatstadt.
Wir zeigen seine Arbeiten im öffentlichen Raum: in den Fenstern des Gebäudes für Bergbau- und Hüttenwesen am Ernst-Reuter-Platz.