Das Münchener Werksviertel
"Gutes aus München – Gutes von Pfanni": So lautete 1969 der Slogan für die Kartoffelprodukte, die fast 50 Jahre vom Münchner Ostbahnhof aus weltweit exportiert wurden. Heute könnte das 40 ha große Werksgelände von Pfanni, Zündapp und Optimol selbst zum Exportschlager werden – denn es steht für die erfolgreiche Transformation einer Industriebrache zum lebendigen Stadtviertel.
Wie wurde aus der "größten Knödelküche Europas" erst die „größte Clubmeile Europas“ und schließlich ein preisgekröntes Stadtquartier? Wie kam es, dass ausgerechnet auf einer der wertvollsten Industriebrachen Deutschlands heute kleinteilige Ateliers neben riesigen Büroflächen, Hoch- und Subkultur, Hightech und Low-Tech, Gastronomie und Schafe produktiv koexistieren können?
Das Geheimnis des Werksviertels liegt in seiner schrittweisen, teils experimentellen Planung und einer privaten Bauherrenschaft, die den – baulichen wie kulturellen – Bestand als Ressource anerkennt und ihm mindestens den gleichen Wert beimisst wie dem Boden. Anstatt auf Abriss und kurzfristige Spekulationsgewinne haben die Eigentümer gemeinsam mit steidle architekten (Masterplan) von Anfang an auf Erhalt, Nachverdichtung und maximale Nutzungsmischung gesetzt. Sie haben die teils schwierigen Bestandsbauten immer weitergedacht und dabei auch den Zufall und das Ungeplante zugelassen. Prägende Beispiele dieser Transformation sind die von steidle architekten (um)geplante Knödelfabrik Werk3 in ein Büro-, Geschäfts- und Ateliergebäude, sowie die Konversion des Kartoffelmehlsilos Werk4 in eine hybride Skulptur, die heute ein Hostel, ein Hotel und ein Kletterzentrum fasst.
Die Auswahl der weiteren Architekturbüros war sorgfältig abgestimmt auf die jeweilige Planungsaufgabe und den spezifischen Ort. So finden sich im Werksviertel Bauten lokaler wie internationaler, junger wie etablierter Büros, darunter MVRDV (Rotterdam), Snøhetta (Oslo), Hild+K (München), Nieto Sobejano (Madrid/Berlin), Graft (Berlin) und N-V-O Nuyken von Oefele (München) – und künftig auch das Münchner Konzerthaus von Cukrowicz Nachbaur (Bregenz).
Die Ausstellung anlässlich des Deutschen Städtebaupreises im Werk12 zeigt jetzt die Geschichte und Zukunft des Werksviertels: Neben Plänen und Architekturmodellen gibt es auch Kuriositäten zu entdecken, wie etwa einen Kartoffelsortierer von 1955, Leuchtschilder und Discokugeln aus legendären Clubs der 1990er, Graffitis auf ausrangierten Bauteilen. Und das Werksviertel selbst: mit öffentlichen Führungen durch alte, neue und versteckte Orte, vom Kartoffelflockensilo bis hoch auf die Stadtalm.
Sprecher*innen zur Eröffnung:
Prof. Dr. Elisabeth Merk (Stadtbaurätin)
Marie-Theres Okresek (Juryvorsitzende)
Caroline Eckart (OTEC)
Johannes Ernst (Steidle Architekten)
Stefanie Jühling (Jühling & Köppel Landschaftsarchitekten)