Roger Boltshauser
Die Verwendung von Lehm als Baumaterial ist so alt wie die Menschheitsgeschichte selbst. Und doch ist dieses Material so aktuell wie kaum ein anderes – nicht nur wegen seiner strukturellen, sondern auch wegen seiner ökologischen Eigenschaften. Lehm ist auch im Werk von Roger Boltshauser ein sehr wichtiges „Thema“. Im Rahmen der Architekturausstellungsreihe des Kunsthauses České Budějovice ist es uns eine Ehre, die Essenz von Boltshausers Schaffen präsentieren zu können. Die Ausstellung zeigt deutlich die enge Verbindung zwischen Architektur, Kunst und Bauwesen – Aspekte, die tief in seinem Werk verwurzelt sind.
Roger Boltshauser gründete 1996 die Boltshauser Architekten AG in Zürich. Neben seiner Architekturtätigkeit mit diesem Büro unterrichtete er an verschiedenen Institutionen, darunter der ETH Zürich, der EPFL Lausanne, der Hochschule für Technik und Wirtschaft Chur (HTW) und dem Chur Institute of Architecture (CIA). Er war Gastprofessor an der Technischen Universität München und ist derzeit Gastdozent an der ETH Zürich. Neben seinen zahlreichen architektonischen Entwürfen und realisierten Projekten hat er seine Arbeiten auch auf zahlreichen Gruppen- und Einzelausstellungen gezeigt und wurde mit einer Reihe wichtiger Auszeichnungen geehrt. (siehe www.boltshauser.info/profil)
Boltshausers Hauptthema ist Nachhaltigkeit, was durch sein vielfältiges Portfolio, das Gebäude aus Lehm, städtebauliche Projekte und Essays zum kulturellen Erbe umfasst, überzeugend belegt wird.
In der heutigen übertechnologisierten Zeit, in der vieles von industriellen Anforderungen diktiert wird, ist die „Wiederverwendung“ von Lehm immer noch etwas Neues, etwas, das großes Potenzial für die Zukunft birgt. Boltshauser ist von einer Neubewertung dieser Themen, ihrer weiteren Erforschung und möglichen zukünftigen Anwendungen getrieben. Indem er etablierte Konventionen kritisch betrachtet, versucht er, neue und sinnvolle Lösungen zu finden. Seine Arbeit zeigt eine klare Betonung des lokalen Kontexts, einen Sinn für ausgewogene Proportionen und die besondere Wahl der Materialien.
Boltshauser und sein Team meiden eindeutig modische Trends. Wie Peter Märkli – dessen Arbeiten wir 2017 in Budějovice zeigten und mit dem Boltshauser Ende der 1990er Jahre an der ETH Zürich und der EPFL in Lausanne lehrte – erforscht Boltshauser seine persönliche Faszination, seine Ängste und sein Interesse an der Architektur. Jonathan Sergison sagte dazu: „Seine Arbeiten bewerten die zeitlosen Grundlagen der Architektur neu und stellen den Kanon der Moderne in Bezug auf zeitgenössische Bautechniken und Umweltprinzipien in Frage. Der spezifische, sinnliche Charakter seiner Arbeiten entsteht aus einem persönlichen Sinn für Proportionen und Komposition. Materialoberflächen werden mit einer erfrischenden Direktheit und Robustheit bearbeitet.“
Eines der jüngsten Projekte dieser Ausstellung, das diese Eigenschaften perfekt veranschaulicht, ist der Turm 2021 für das Ziegeleimuseum in Cham, Schweiz. Diese bemerkenswerte Lehmkonstruktion zeichnet sich durch strukturelle Innovationen wie die Verwendung von Vorspannungen aus, um das Gebäude gegen seismische Belastungen zu verstärken. Es handelt sich zudem um das erste Gebäude der Welt, das aus Spannbeton errichtet wurde.
Ein weiterer wichtiger Aspekt von Boltshausers kreativen Bemühungen ist sein künstlerisches Schaffen. Boltshauser macht seit 1980 Kunst und wird dabei von den Schweizer Neoexpressionisten sowie von Künstlern wie Kiefer, Rainer und Joseph Beuys beeinflusst. Heute ist es fast unmöglich, sein künstlerisches Werk ohne den Einfluss der Architektur zu betrachten, ebenso wie seine Architekturprojekte nicht ohne seine künstlerische Produktion auskommen. Roger Boltshausers architektonisches Vokabular hat sich im Kontext seiner Erforschung von Materialien und ihren inhärenten strukturellen Möglichkeiten entwickelt. Neben seinen vielen kleinformatigen Projekten zeigt seine Arbeit einen klaren Fokus auf den öffentlichen Sektor. Seine Rathäuser, Forschungslabore, Schulen, Sportanlagen und ein Zoo sind ein klarer Beweis für die Bedeutung, die Boltshauser der sozialen und städtischen Verantwortung der Architektur beimisst.
Die Notwendigkeit, unseren Verbrauch nicht erneuerbarer Ressourcen und Energie zu reduzieren, gepaart mit einer erhöhten Aufmerksamkeit für klimabezogene Probleme, hat zahlreiche Studien und Diskussionen über die Verwendung von Lehm als Baumaterial gefördert. Lehm ist ein äußerst universelles Material, das leicht zugänglich ist und den Anforderungen verschiedener klimatischer Bedingungen gerecht wird. Boltshausers Gebäude spiegeln ein Bewusstsein für diese Tatsache wider, das – kombiniert mit einem gesunden Verständnis für Umweltprobleme – auch in der zeitgenössischen internationalen Architektur eine wichtige Rolle spielt. Er ist auf einer vielschichtigen Suche nach einer originellen Antwort, die so weitreichend und allumfassend wie möglich ist. Themen wie Nachhaltigkeit sind für ihn ebenso wichtig wie Fragen der Komposition und Raumgestaltung. Das Klima spielt in allen Planungsphasen eine Rolle und beeinflusst die Stadtgestaltung, die Anordnung und Fassaden des Gebäudes, die Materialwahl und die Bauweise. Es ist ein prägender und anpassungsfähiger Aspekt des Designprozesses, der ein einzigartiges und zeitgenössisches Ergebnis hervorbringt.
Response lädt den Besucher in einen Raum ein, der auf die Essenz von Boltshausers Arbeit hinweist. Die besondere Installation arbeitet mit den Fotografien von Luca Ferrario, um mehrere realisierte Architekturentwürfe neben sorgfältig ausgewählten Zeichnungen und Modellen zu präsentieren und die für seine Arbeit so wichtige Verbindung zwischen Architektur und Kunst wiederherzustellen.