Loose Ends

maria giuseppina grasso cannizzo
Adresse
Im Adambräu, Lois Welzenbacher Platz 1, 06020 Innsbruck
Öffnungszeiten
Di–Fr 11–18 Uhr, Sa 11–17 Uhr
E-Mail

Mit „Loose Ends“ ist erstmals in Österreich eine Ausstellung von Maria Giuseppina Grasso Cannizzo zu sehen, einer der interessantesten Persönlichkeiten der zeitgenössischen europäischen Architektur, die trotz zahlreicher Auszeichnungen nach wie vor ein Geheimtipp geblieben ist. Das mag einerseits an ihrer unprätentiösen Haltung liegen, zum anderen daran, dass sich der Großteil ihrer Bauwerke auf Sizilien befindet. Hier realisierte sie zahlreiche Revitalisierungen und Transformationen von historischen Bauten, Ein- und Mehrfamilienhäuser oder auch öffentliche Projekte wie den Kontrollturm im Hafen von Marina di Ragusa. Minimale, selbstbewusste und zum Teil auch radikale Konzepte, die letztendlich immer offen für Veränderungen sind, die das Leben und der Lauf der Zeit mit sich bringen.

Ein wesentlicher Aspekt in der Arbeit von Maria Giuseppina Grasso Cannizzo ist, dass sie mit ihren Bauwerken keinen Absolutheits- oder Ewigkeitsanspruch erhebt, sondern die Verwandlung ihrer Gebäude im Gebrauch akzeptiert. Sie versteht sich weniger als dominante Autorin, die ihren Bauten eine persönliche Handschrift verleihen möchte, sondern sieht sich eher als Regisseurin, die zwar den Planungs- und Bauprozess pedantisch und manchmal auch manisch kontrolliert, sich aber vollkommen zurückzieht, sobald ein Werk fertig gestellt und an jene übergeben ist, die es nutzen und sich sukzessive aneignen.

Am Beginn ihres Entwurfsprozesses stehen nie formale Fragen, sondern die Analyse der Rahmenbedingungen, des Kontexts und der spezifischen „Geschichten“ eines Projektes: der jeweilige Ort, die Bauaufgabe, die Wünsche und Vorstellungen der Bauherrschaft. Diese Vorgaben lösen bei MGGC einen Denkprozess aus, der – im Spannungsverhältnis zwischen strategischer Vorgehensweise und fantasievollem Ideenreichtum – zu spezifischen und radikalen architektonischen Lösungen führt,
die jedoch immer von einem sehr sensiblen Umgang mit Raum, Material und Licht geprägt sind: Wie zum Beispiel eine fast minimalistische Skulptur, die als kräfti-
ges Zeichen in der Landschaft sitzt (PRM2), ein mehr durch das Wegnehmen als durch das Hinzufügen transformiertes Einfamilienhaus (SPR), ein turmartiges Raumkontinuum mit eingehängten Ebenen und Betten, die zu schweben scheinen (GNS) oder ein in archaischer Landschaft aufgeständertes Haus mit einer auf Schienen verschiebbaren Holzbox (FCN).

Mit „Loose Ends“ konzipierte Maria Giuseppina Grasso Cannizzo eine Ausstellung als radikale Intervention und komplexe Transformation der Räume des aut, die ihre architektonische Haltung sicht- und unmittelbar spürbar macht. Inspiriert von sizilianischen Industrielandschaften mit ihren Öltanks, Bohrtürmen und Förderanlagen und auf die räumlichen Gegebenheiten des aut eingehend, schafft sie ein spezifisches Universum, in dem über das Hören, Riechen und Sehen die Sinne der BesucherInnen unmittelbar angesprochen werden. Parallel dazu bietet die Ausstellung einen Einblick in den Entstehungsprozess der Arbeiten dieser einzigartigen sizilianischen Architektin – von ihren Inspirationsquellen über die Entwurfsmethodik bis hin zu den fertig gestellten Projekten, die mittels großformatiger Fotografien von Hélène Binet sowie mit Fotobüchern und einem Film von Armin Linke präsentiert werden.