16.8.–18.9.2024

Material Des Augenblicks

Ymer Shaqiri
Adresse
Ludwigstraße 73, 70176 Stuttgart
Öffnungszeiten
Mo-Sa 11-19.00 Uhr

Augenblicke der Vergangenheit können wie ein Echo in die Gegenwart wirken und dort zu besonderen Momenten führen. Diese Transformation gelingt Ymer Shaqiri, dessen Werke fast immer auf Erinnerungen an seine Heimat basieren. Sie sind in ihrer Abstraktion ungemein packend, durch ihre detailreiche Ausarbeitung gleichsam faszinierend nah und schaffen in ihrer Sensitivität eine ungeahnte, persönliche Tiefe. Die Ausstellung in der Raumgalerie zeigt einige der bedeutendsten Arbeiten des aus dem Kosovo stammenden, im Jahr 2021 leider verstorbenen Künstlers.

Das Werk des Künstlers Ymer Shaqiri eröffnet eine große Bandbreite und sollte daher unter den besonderen Umständen seines Lebenslaufs betrachtet werden. Ymer Shaqiri wurde 1953 im Kosovo geboren, wuchs ohne Eltern in Pristina auf und studierte dort von 1977 bis 1981 Grafik an der Kunstakademie, anschließend in Belgrad. Danach lehrte er als Dozent und arbeitete einige Jahre im Kunstverein der Gemeinde Obiliq in der Nähe von Pristina. In den 1990er-Jahren wuchs der Druck des damaligen politischen Regimes auf Künstler enorm, was Ymer Shaqiri die Arbeit im Kunstverein unmöglich machte. Also verlässt er 1996 seine Heimat und lebte seitdem zusammen mit seiner Ehefrau Qefsere und seinen zwei Kindern in Brühl bei Mannheim. Schon immer zeichnete er alles, was ihm vor die Augen kam, oft detailliert, gleichzeitig auch abstrahiert, aus der Erinnerung an seine ersten, überaus prägenden Lebensjahrzehnte. Diese Resonanzen aus der eigenen Vergangenheit und die Reflexion über Gesehenes und Erinnertes sind der Treibstoff seines unablässigen Schaffens, quasi die Basis aller Arbeiten, die bis zum Jahr 2021 entstehen.

Die renommierte Kunsthistorikerin Dr. Antje Lechleiter beschrieb dies anlässlich einer Vernissage im Jahr 2017 in March so: „Ymer Shaqiris Beschäftigung mit erinnerten Orten und Gegenständen hat ungemein faszinierende Bilder hervorgebracht. Obgleich er vom Gesehenen ausgeht, ist er nicht an der Schaffung eines Abbildes interessiert. Er hält seine Komposition offen und weitet sie auf, für die Bilder, die wir in uns tragen.“ Zu sehen sind beispielsweise die immer wiederkehrenden Bildelemente wie alte Mauern, Fenster und Fensterläden, Türen, Drähte und Nägel. Sie sind mit einer bestimmten Technik gefertigt, bei der Acrylfarbe Schicht um Schicht aufgetragen wird, bis eine Platte von mehreren Millimetern Stärke entsteht. Die Platte trocknet mindestens ein halbes Jahr lang, ehe sie durch Ritzen und Schaben weiterbearbeitet wird. Dabei entstehen Oberflächen und Materialien von erstaunlicher Tiefe und Illusionen, die die Idee von Bekanntem vermitteln, diese aber nicht konkret beschreiben. Die Motive, die Ruhe und Würde ausstrahlen, zeigen allermeist Ausschnitte, wodurch die Wahrnehmung intensiviert und die Fantasie beflügelt wird. Es sind innere Orte, die man in der Betrachtung erfährt. Ymer Shaqiri erhielt zahlreiche Preise, seine Arbeiten wurden in Ausstellungen etwa in Kosovo, Slowenien, Deutschland, Norwegen, Italien, der Schweiz, den USA und Japan gezeigt.

Die in der Raumgalerie gezeigten Werke bieten Einblick in die Arbeit der letzten gut 20 Schaffensjahre von Ymer Shaqiri, von denen man besonders die Jahre zwischen 2016 und 2021 als eine sehr kreative und intensive Phase beschreiben kann. Ymer Shaqiri war gemeinsam mit seiner Frau Qefsere 2019 noch persönlich in der Raumgalerie, um seine Bilder zu zeigen. Die Corona-Pandemie und schließlich sein viel zu früher Tod hatten unsere gemeinsamen Pläne einer Ausstellung leider ruhen lassen. Umso mehr freuen wir uns nun, diese Auswahl präsentieren und damit den Besucherinnen und Besuchern zugänglich machen zu können. Qefsere Shaqiri wird zur Vernissage anwesend sein.

Die Arbeiten von Ymer Shaqiri können in der Raumgalerie erworben werden.

Eröffnung: 16.8.2024, 18:30 Uhr